Die community-gestützte Open-Source-Software VIVO gibt es seit etwa 15 Jahren. Ursprünglich wurde sie an der Cornell University entwickelt. Über die Zeit hat sich ein großes Netzwerk von VIVO-einsetzenden Institutionen entwickelt. Weltweit sind zur Zeit 165 Anwender registriert – wobei dort längst nicht alle aktiven VIVO-Implementierungen erfasst sind. Das Open Science Lab der Technischen Informationsbibliothek ist seit 2013 aktiv in der VIVO-Community mit dem Ziel, „dezentrale, offene, web-basierte Infrastruktur für Forschungsinformationen als Inspiration für bessere fachliche Kommunikation und Kollaboration“ zu erforschen. VIVO wurde seitdem in verschiedenen Projekten eingesetzt. Seit 2017 hat die TIB eine öffentlich zugängliche VIVO-Installation, die seitdem kontinuierlich weiterentwickelt wird. Ebenfalls seit 2017 ist die die TIB Mitglied bei der VIVO-Dachorganisation Duraspace und engagiert sich in vielfältiger Weise in der Weiterentwicklung der Software, der Ontologie und der Community. [1]
Was genau ist VIVO?
Es gibt verschiedene Arten von Forschungsinformationssystemen, die oftmals auf verschiedene Anwendungsszenarien abzielen. VIVO ist ursprünglich vorwiegend als Forschungsprofildienst konzipiert. Das bedeutet, dass man in VIVO Daten aggregiert und in Profilen für verschiedene Entitätstypen darstellt: Personen, Organisationen, Forschungsoutput (Publikationen etc.) oder für Ereignisse wie Vorträge und Konferenzen. VIVO ist ein Linked-Data-System, die Daten werden anhand von Ontologien [3] beschrieben. Dazu werden einerseits Vokabulare von Dritten verwendet wie z.B. die FOAF-Ontologie. Zum anderen hat VIVO auch eine eigene Ontologie, sie ist sogar ein wesentlicher Bestandteil. Sie führt bestehende Linked-Data-Vokabulare zusammen und füllt die Lücken, um das akademische Leben und dessen Output adäquat beschreiben zu können.
Die Nutzung von Linked Data führt dazu, dass einerseits Daten systemübergreifend verknüpft werden können. Diese spezielle Fähigkeit von VIVO wird zur Zeit leider zu selten genutzt – denkbar sind Szenarien wie die Aggregierung von Forschungsinformationen auf regionaler oder fachlicher Ebene. Andererseits bietet sich dadurch auch in einer VIVO-Implementierung selbst eine Vielzahl von Möglichkeiten. Ontologien von Dritten können in der Regel leicht nachgenutzt werden. Und die Abfragesprache SPARQL ist ein mächtiges Instrument auch für komplexe Informationsbedürfnisse.
Für die Öffentlichkeit bietet VIVO verschiedene Instrumente zur Entdeckung von Forschungsinformationen. Neben einer Suche und einem Browsing-Einstieg sind in VIVO verschiedene Visualisierungen eingebaut.
Wer nutzt VIVO?
Eine Vielzahl von akademischen Einrichtungen jeglicher Art, wie oben schon erwähnt, nutzt VIVO. Anwender sind jedoch auch Wissenschaftler oder die Öffentlichkeit. Wissenschaftlern kann man in VIVO die Möglichkeit bieten, das eigene Profil zu editieren. Je nachdem, wie viele Freiheiten die VIVO-betreibende Institution ihren Angehörigen zubilligt, können Texte angepasst, Links eingegeben, Vorträge, Publikationen und andere Dinge importiert oder eingegeben werden.
VIVO ist primär ein Forschungsprofilsystem, doch kann es auch in anderen Kontexten verwendet werden. Manche Einrichtungen benötigen ein System, in dem Informationen aus anderen, lokal schon vorhandenen Systemen aggregiert und somit auswertbar gemacht werden – dies könnte VIVO sein. Zur Zeit wird an verschiedenen Stellen daran gearbeitet, VIVO zu einer Research-Analytics-Plattform zu machen, zum Beispiel im dänischen DEFF Opera-Projekt (OPEn Research Analytics). Auch an der TIB wird an verschiedenen Erweiterungen gearbeitet, die auf die Vielseitigkeit von VIVO in verschiedenen Szenarien, insbesondere auf einfache Workflow-Fähigkeit und Berichts- und Analysefunktionalitäten abzielen. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Aktivitäten ist die Arbeit an einer Ontologie-Erweiterung, den Kerndatensatz Forschung (KDSF) in VIVO abbilden zu können (https://github.com/VIVO-DE/vivo-de-ontology-extension, vgl. https://doi.org/10.1016/j.procs.2019.01.074).
Wer entwickelt VIVO?
VIVO ist ein Open-Source-Projekt unter dem Dach von Duraspace. Dort besteht ein organisationeller Rahmen und eine Infrastruktur für die beständige Fortentwicklung und den nachhaltigen Erhalt der Software. Zusätzlich zur internationalen Community gibt es eine wachsende Zahl deutscher Institutionen, die sich für VIVO interessieren und eigene Implementationen entwickeln. Die VIVO zu Grunde liegende Software Vitro kann darüber hinaus auch als ein universeller Instanz- und Ontologie-Editor über die Domäne der Forschungsinformationen hinaus verwendet werden (vgl. https://doi.org/10.11588/ip.2018.1.49357).
Warum setzt die TIB VIVO ein?
Die TIB setzt aus verschiedenen Gründen auf VIVO. Zuerst ist es eine Open-Source-Software. Dies ermöglicht eine maximale Flexibilität hinsichtlich der Weiterentwicklung und Anpassung der Software. Im Falle von VIVO kann man auch auf eine große, aktive und sehr hilfsbereite Anwender-Community bauen, in der Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und verschiedene kommerzielle Akteure aktiv sind. Darüber hinaus ist der Linked-Data-Ansatz und die Möglichkeit, das Datenmodell über Ontologien zu erweitern und anzupassen, sehr flexibel und über die internen Werkzeuge gut an verschiedene Anwendungsszenarien anpassbar.
Wie kann man VIVO kennenlernen?
Selbst anschauen kann man sich VIVO auf verschiedene Art und Weise. Da wären die im oben verlinkten Registry aufgeführten Implementierungen, wie zum Beispiel das der Duke University oder das der TIB.
Außerdem kann man VIVO selbst installieren (VIVO technical documentation), auch via VIVO Vagrant. Darüber hinaus kann man sich zum Kennenlernen der Software aus Anwenderperspektive ein Profil bei OpenVIVO einrichten oder im Demo-VIVO der TIB stöbern, in dem Profile fiktiver Personen und Organisationen inklusive Projekt- und Publikationsdaten angelegt sind, und aus dem auch die in diesem Posting verwendeten Abbildungen stammen.
Um sich mit der Community zu vernetzen, bietet sich in diesem Jahr insbesondere die internationale VIVO-Conference an, die 2019 in Montenegro und somit erstmals in Europa stattfindet. Auch ein deutschsprachiger VIVO-Workshop an der TIB ist, wie im Vorjahr, wieder geplant. Einen Überblick über die Aktivitäten hierzulande ist dort am einfachsten zu erhalten – oder über die VIVO-DE-Mailingliste (https://lists.tib.eu/mailman/listinfo/vivo-de) und den VIVO-Slack.
[1] Weitere Informationen zu den Aktivitäten der TIB im Bereich Forschungsinformationen sind auf folgender Webseite zu finden: http://tib.eu/forschungsinformationen
[2] Die DINI AG FIS hatte in ihrem Positionspapier von 2015 drei Ausprägungen von Forschungsinformationssystemen unterschieden: einfache Nachweissysteme (wie Hochschulbibliographien), Forschungsprofildienste (Linked Open Data Anwendungen) und integrierte Forschungsinformationssysteme.
[3] Ontologien sind sprachlich gefasste und formal geordnete Darstellungen von Begrifflichkeiten und der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen.
Zitiervorschlag
Hauschke, Christian. „VIVO – Mit Open Source Und Linked Data Zu Verschiedenen Zielen.” Blog der DINI AGs FIS & EPUB, 2019. https://doi.org/10.57689/DINI-BLOG.20190311.
Dieser Beitrag – ausgenommen Zitate und anderweitig gekennzeichnete Teile – ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC BY 4.0).
Ein Kommentar: