Zurück in die Zukunft – Der KDSF 2.0 und das Grundsatzpapier der KFiD

Flexible und qualitätsgesicherte Forschungsberichterstattung nach dem Baukastenprinzip“ – unter dieser Überschrift hat die Kommission für Forschungsinformationen in Deutschland (KFiD) jüngst ihr erstes Grundsatzpapier veröffentlicht. Grundsätze haben meist etwas Basales, etwas Prägendes. Prägend ist das, was die KFiD mit dem KDSF 2.0 in dem Grundsatzpapier ankündigt, allemal!! 

Bisher prägt den KDSF–Standard für Forschungsinformationen in Deutschland das Prinzip eines Aggregatdatenstandards. Dieser zielt im Wesentlichen darauf ab, dass Daten in vorkomponierter Form – summiert oder gezählt – bereitgestellt werden sollen. Mit dem KDSF 2.0 wird dieses Prinzip (endlich) über Bord geworfen und der KDSF nun zu einem Basisdatenstandard weiterentwickelt. Dieser blickt nun auf einzelne Datensätze zu Forschungsaktivitäten und -ergebnissen und hält hierfür Definitionen bereit. 

Um im Bild des Baukastens zu bleiben, werden durch diesen Paradigmenwechsel die bisher betrachteten vorkombinierten Aggregatdaten in ihre grundlegenden Einzelbausteine – die Basisdaten bzw. Einzeldatensätze – zerlegt. Je kleinteiliger die Steine in einem Baukasten sind, zu desto vielfältigeren Modellen oder – in diesem Fall – Berichten, Auskünften und Kenngrößen lassen sich diese zusammensetzen. Dies klingt nicht nur in der Theorie gut, sondern erweist sich auch in der Berichtspraxis einer nicht ganz kleinen Universität mit ganz verschiedenen Informationsinteressen als gute und bewährte Praxis. Aus Sicht eines Praktikers ist dies der richtige Schritt für die Zukunft des KDSF.

Beim Schreiben beschleicht mich bis zu dieser Stelle immer wieder die Frage: Ist die Grundsatzänderung hin zu einem Basisdatenstandard wirklich so fundamental neu für den KDSF? 

Lassen Sie uns einmal die Zeit auf 2013 zurückdrehen – dem Fluxkompensator sei Dank. In dem Jahr hat der Wissenschaftsrat die ersten Empfehlungen zu einem Kerndatensatz Forschung veröffentlicht und damit den Grundstein für die Entwicklung des KDSF gelegt. In diesen Empfehlungen wird der KDSF mit standardisierten Datenformaten für Forschungsinformationen gleichgesetzt. In der Entstehungsgenese dieser ersten Empfehlung wurde der KDSF gar als Austauschstandard für Forschungsinformationen diskutiert. Die Idee, mit dem KDSF einzelne Basisdaten standardisierend in den Blick zu nehmen, liegt offenkundig bereits in den frühen Ursprungsgenen des KDSF. 

Warum man sich zu Beginn des Entwicklungsprozesses von der Einzeldatenbetrachtung verabschiedet und den KDSF als Aggregatstandard ausgerichtet hat, lässt sich für mich nicht mehr rekonstruieren. Es lässt sich nur vermuten, dass zu dem Zeitpunkt die Forschungsberichterstattung im deutschen Wissenschaftssystem auf einem Stand war, der einen solchen Basisdatenstandard als ehrfürchtiges Berichts- und Analysewerkzeug betrachten ließ. 

Zurück in der Gegenwart wird deutlich, dass dem KDSF in seiner aktuelle Version 1.3 deutliche Gene der ursprünglich angedachten Ausrichtung erhalten geblieben sind. An vielen Stellen bleibt der KDSF nämlich gar nicht auf summierende oder zählende Aggregatdaten beschränkt, sondern enthält bereits einzelne Basisdatenmerkmale wie den Titel von Publikationen oder Projekten oder das Geschlecht von Personen. Diese sind einerseits nötig, um die ebenfalls im KDSF enthalten Listen bspw. von Publikationen oder Projekten zu ermöglichen, und werden andererseits auch dazu gebraucht, um die Aggregate in Bezug auf einzelne Merkmale wie bspw. das Geschlecht der Personen oder das Veröffentlichungsdatum von Publikationen eingrenzen zu können. Der KDSF ist also schon heute nicht nur Aggregatdatenstandard, sondern auch bereits etwas Basisdatenstandard. 

Infolgedessen ist der Schritt, den die KFiD mit der Weiterentwicklung des KDSF 2.0 zu einem Basisdatenstandard nun geht, nur konsequent und als eine wesentliche Konsolidierungsmaßnahme anzusehen, die vom Wissenschaftsrat in der 2020 veröffentlichten Stellungnahme zur Einführung des KDSF formuliert wurde. Es bleibt die Hoffnung, dass der KDSF 2.0 in seiner Natur nun einfacher zu durchdringen ist und sich damit auch die Nutzungsmöglichkeiten seitens der Stellen im Wissenschaftssystem, die Informationsbedarfe haben und Berichts- und Auskunftsanlässe formulieren, offenkundiger erschließen. 

Unterstützt wird diese Hoffnung durch die neue Gliederung des KDSF in Module. Diese bieten nicht nur inhaltliche Einstiegspunkte in den KDSF, sondern räumen auch mit der bisherigen Sichtweise auf, dass der KDSF immer nur in Gänze betrachtet und bei KDSF-konformen Anfragen immer alle Datenbereiche adressiert werden müssen, die der Standard umfasst. Sowohl die Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die ihr Forschungsinformationsmanagement konform mit dem KDSF ausrichten, als auch die Institutionen, die Daten abfragen, können nun jedoch aufatmen. Man muss den KDSF nicht in jedem Fall in Gänze liefern oder umsetzen. Durch die Gliederung in Module wird noch einmal deutlich unterstrichen, dass man sich bei der Umsetzung einzelnen Bereichen widmen kann. Zudem geben die Module vor, welche Basisdatenbereiche betrachtet werden müssen, um bspw. das lokale Informationsmanagement im Bereich „Publikationen“ KDSF-konform auszurichten. 

Ebenfalls als wertvolle Hilfe wird der angekündigte Basisdaten-Service angesehen. Damit adressiert die KFiD den vom Wissenschaftsrat in der 2020 veröffentlichten Stellungnahme zur Einführung des KDSF formulierten Auftrag, dem Thema Persistente Identifikatoren einen höheren Stellenwert einzuräumen. Die Pflege und Bereitstellung von Stammdaten ist letztlich nichts anderes. Für einzelne Bereiche des KDSF wie bspw. Organisationen gibt es mit dem Research Organisation Registry (ROR) solche Stammdaten-Dienste, die zudem eine eindeutige Identifikation erlauben. Für Konferenzen, Fördergeber und Förderformate, Projekte etc. befinden sich solche Services aktuell im Aufbau. Damit greift die KFiD mit dem zunächst skizzierten Basisdaten-Dienst für Preise und Auszeichnungen einen relevanten Bereich auf, für den es bisher noch keine Lösung gibt. Und auch hier kann ich aus der langjährigen Praxis berichten, dass eine derartige Stammdatenpflege aufwändig ist. Warum soll dieser Aufwand an jedem Forschungsstandort gemacht werden? Zudem ist durch einen solchen zentralen Service die Standardisierungswirkung nicht zu unterschätzen. Ist der Nobelpreis ein Eintrag in der Stammdatenliste zu Preisen oder sind die Kategorien wie Physik, Chemie, Literatur jeweils einzelne Preise? Alles in Allem, manchmal hilft offensichtlich der Blick zurück, um sich für die Zukunft aufzustellen. Bezogen auf den KDSF 2.0 sollte es daher treffender heißen „Zurück und in die Zukunft“. Und vielleicht bekommt die KFiD in der anstehenden zweiten Amtsperiode ja auch ein Mandat, welches über das reine Werben für den KDSF hinaus geht. Auch hier gilt, die Hoffnung lässt sich nicht zerstören. 

Zitiervorschlag

Herwig, Sebastian. „Zurück in die Zukunft – Der KDSF 2.0 und das Grundsatzpapier der KFiD” Deutsche Initiative für Netzwerkinformation, 2024. https://doi.org/10.57689/DINI-BLOG.20241007.


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