Bericht zum Hands-On Lab “Szenarien für die Weiterentwicklung von Open-Access-Repositorien” auf der 112. BiblioCon

Anfang Juni berichtete Nature über das Anliegen des japanischen Wissenschaftsministeriums, 10 Milliarden Yen in den Ausbau von institutionellen Open-Access-Repositorien zu investieren (Singh Chawla, 2024). Diese Initiative bietet einen guten Anlass, um auf dem 112. BiblioCon über die Zukunft von institutionellen Open-Access-Repositorien zu sprechen.

Gemeinsam mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt Professionalisierung der Open-Access-Repositorien-Infrastruktur in Deutschland (Pro OAR DE) veranstaltete die Arbeitsgruppe Elektronisches Publizieren (AG E-Pub) der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation e. V. (DINI) im Rahmen der 112. BiblioCon am 6. Juni 2024 das Hands-On-Lab „Szenarien für die Weiterentwicklung von Open-Access-Repositorien“. Anliegen war es, mit den teilnehmenden Personen aus Wissenschaft, Bibliotheken und weiteren Infrastruktureinrichtungen Szenarien für die zukünftige Ausrichtung von institutionellen Open-Access-Repositorien zu erarbeiten.

Methodisch orientierte sich die Veranstaltung am Delphi-Konzept (Häder 2014; Niederberger & Renn 2019). Die Teilnehmenden wurden in zwei aufeinanderfolgenden Runden um ihre Einschätzung zu vorab definierten Thesen zu Repositorien gebeten. Diese Methode sollte die Konsensbildung zu bestimmten Szenarien zur Zukunft der Repositorien ermöglichen. Am Lab nahmen rund 30 Personen teil. Die Szenarien wurden in Vierergruppen parallel erörtert. Die Diskussion fand anhand von im Vorfeld der Veranstaltung formulierten acht Thesen statt, die Aspekte der Weiterentwicklung von Open-Access-Repositorien behandeln. 

In einem ersten Schritt befasste sich jede Gruppe mit einer Bewertung der acht Thesen. Ein Beispiel für eine These war die Aussage „Preprints spielen eine wichtige Rolle für den informationellen Ausbau von Repositorien.“ Jede Gruppe musste zu dieser und den weiteren sieben Thesen eine gemeinsame Position entwickeln, die anhand einer Skala von „stimme gar nicht zu“ bis „stimme voll und ganz zu“ bewertet werden musste.

In der darauffolgenden Runde wurden dann pro Gruppe drei Thesen näher erörtert und im Rahmen dieser Befassung Strategien diskutiert, welche konkreten Maßnahmen zur Realisierung der in einer These angesprochenen Problematik adressieren. Ziel war es hier, ausgehend von einem gemeinsamen Verständnis der These Ansätze zur praktischen Bearbeitung des jeweils angesprochenen Themenfeldes zu erarbeiten. Dabei stand die gemeinsame Diskussion von Lösungsansätzen im Fokus.

Foto von Melanie Seltmann, lizenziert unter CC BY 4.0 DEED.

Lessons Learned

Die gewählte Methode erlaubte keine tiefgehende Befassung und insbesondere keine repräsentative Behandlung der Thesen, ermöglichte aber einen konzentrierten und durchaus hilfreichen Diskussionsprozess zu aktuellen Problemlagen der institutionellen Repositorien.

Die Konsensbildung war durchaus herausfordernd, da die Interpretationen der Aussagen durch die Teilnehmenden bei einigen Punkten sehr unterschiedlich waren und auch die Bewertung der Aussagen je nach Blickwinkel und Gruppenzusammensetzung variierte.

Für folgende drei Thesen wurden in allen vier Gruppen Zustimmungswerte identifiziert (gruppiert nach „stimme eher zu“ und „stimme voll und ganz zu“):

  1. Die Benutzeroberflächen von Repositorien sollten intuitiver und moderner werden.
  2. Text- und Datenrepositorien sollten den Austausch untereinander intensivieren.
  3. Repositorien sollten verstärkt Maßnahmen zur Sichtbarmachung der Inhalte ergreifen.

In der zweiten Runde wurden für diese drei Thesen u.a. die folgenden Umsetzungswege erörtert. 

  1. Die Benutzeroberflächen von Repositorien sollten intuitiver und moderner werden:
  • Angebot von multilingualen Benutzeroberflächen, die neben Deutsch und Englisch weitere Sprachen unterstützen.
  • Erleichterung beim Upload durch Fremddatenübernahme via API-Einbindung (z.B. DOI-Abfragen über Crossref).
  • Verzicht auf Pflichtfelder, die durch Forschende ausgefüllt werden müssen.
  • Responsivität auf verschiedenen Endgeräten.
  1. Text- und Datenrepositorien sollten den Austausch untereinander intensivieren:
  • Sicherstellung automatischer Datenflüsse zwischen Forschungsdaten-Repositorium und institutionellen Open-Access-Repositorien.
  • Erleichterung beim Upload durch Fremddatenübernahme via API-Einbindung (z.B. DOI-Abfragen über Crossref).
  • Betrachtung der lokalen Architektur, ob ein generisches Repositorium für alle Objekttypen oder verschiedene Repositorien je nach Publikationstyp sinnvoll ist.
  1. Repositorien sollten verstärkt Maßnahmen zur Sichtbarmachung der Inhalte ergreifen:
  • Nachweis der bibliographischen Daten im OPAC oder im Discovery System.
  • Nachweis der bibliographischen Daten in Suchdiensten (Google Scholar, openALEX). 
  • Aktive Maßnahmen zur Suchmaschinenoptimierung ergreifen. 
  • Automatisierte Datenflüsse über persistente Identifikatoren ermöglichen.

Die Autor:innen danken den Teilnehmenden für die offenen Diskussionen und das Teilen ihrer Erfahrungen zu Strategien rund um die weitere Professionalisierung der Open-Access-Repositorien. Die Ergebnisse werden auch für die Weiterentwicklung des DINI-Zertifikats für Open-Access-Publikationsdienste sowie für die weitere Arbeit im Projekt Pro OAR DE genutzt. Im Projekt Pro OAR DE werden zu einigen der Aspekte im weiteren Projektverlauf Workshops veranstaltet.

Referenzen

Häder, M. (2014). Delphi-Befragungen: Ein Arbeitsbuch. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01928-0

Pampel, H., & Rothfritz, L. (2023). Professionalisierung der Open-Access-Repositorien-Infrastruktur in Deutschland (Pro-OAR-DE). https://doi.org/10.5281/zenodo.10173494

Niederberger, M., & Renn, O. (Eds.). (2019). Delphi-Verfahren in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften: Konzept, Varianten und Anwendungsbeispiele. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21657-3

Singh Chawla, D. (2024). Japan’s push to make all research open access is taking shape. Nature. https://doi.org/10.1038/d41586-024-01493-8

Autor*innen

Daniel Beucke, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, https://orcid.org/0000-0003-4905-1936

Isabella Meinecke, Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, https://orcid.org/0000-0001-8337-3619

Heinz Pampel, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft (IBI), https://orcid.org/0000-0003-3334-2771

Marcel Wrzesinski, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft (IBI), https://orcid.org/0000-0002-2343-7905

Hinweis

Dieser Beitrag wurde bereits in englischer Sprache veröffentlicht: https://doi.org/10.59350/mg09a-5ma64

Zitiervorschlag

Beucke, Daniel; Isabella Meinecke; Heinz Pampel und Marcel Wrzesinski. “Bericht zum Hands-On Lab ‘Szenarien für die Weiterentwicklung von Open-Access-Repositorien’ auf der 112. BiblioCon.” Deutsche Initiative Für Netzwerkinformation, 2024. https://doi.org/10.57689/DINI-BLOG.20240812.


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